Unter der Herausgeberschaft von Cornelia Lüdecke, Sprecherin des Arbeitskreises „Geschichte der Polarforschung“, sind zwei neue Publikationen erschienen.
Gazert, V.und Lüdecke, C.
Mit Erich von Drygalski in die Ostantarktis – Paul Björvigs Tagebuch von der ersten deutschen Südpolarexpedition 1901 – 1903 Berichte zur Polar- und Meeresforschung, 2022, Nr. 768, 99 Seiten. Alfred-Wegener-Institut Helmholtzzentrum für Polar- und Meeresforschung. https://doi.org/10.57738/BzPM_0768_2022 Einleitend wird eine Übersicht über die Hintergründe, Planung und der Ablauf der ersten deutschen Südpolarexpedition (1901–1903) unter der Leitung des Geographen Erich von Drygalski gegeben. Bilder und Karten illustrieren das Geschehen. Das nachfolgende Tagebuch des norwegischen Eislotsen Paul Björvig gibt einen ganz speziellen Blick von Seiten der Mannschaft auf die Südpolarexpedition an Bord des „Gauss“. Björvig beschreibt den Verlauf der Expedition aus seiner persönlichen Sicht und notiert, was ihm am wichtigsten erscheint. Das sind meist Angaben zu den vorherrschenden Winden, ob flau oder Sturm, die Windrichtung und der Schiffskurs. Zudem verweist er auch auf wissenschaftliche Arbeiten wie das ständige zeitaufwendige Loten der Ozeantiefe. In der Antarktis, als sie ein Jahr im Eis festliegen, tritt anstelle des Kurses die Lufttemperatur. Auch listet er nun häufig seine Tätigkeiten auf, zum Beispiel wie viele Robben und Pinguine er als Nahrungsmittel für die Expeditionsteilnehmer und die Schlittenhunde getötet, abgehäutet oder abgebalgt hat. Darüber hinaus nimmt der Leser Teil an Björvigs persönlicher Einsamkeit, da er kaum Gesprächspartner an Bord hat. Zudem kann er viele Handlungen nicht verstehen, da er als erfahrener Eismeerfahrer einiges anders gemacht hätte. Interessant ist seine Kritik am Verhalten der deutschen Matrosen und der Doktoren, deren wissenschaftlichen Ziele ihm oft verschlossen bleiben. Insbesondere kritisiert er den militärischen Stil an Bord, wo alles genau durchorganisiert ist und freie Sonntage meist ein Fremdwort sind. Freizeit zur Erholung gibt es selten, denn die wenigen freien Stunden müssen zur Wäsche und zum Flicken der Kleidung genutzt werden. Zum Abschluss des Berichts wird Drygalskis Charakterisierung von Björvig wiedergegeben. Björvigs Tagebuch eröffnet eine andere Welt an Bord des „Gauss“, die dem Leser in den Berichten der Wissenschaftler und des Expeditionsleiters verschlossen bleibt. |
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Cornelia Lüdecke (Hg.)Auf Entdeckungsreise in die Antarktis Erste Berichte der deutschen Südpolar-Expedition (1901-1903) Edition Isele 2021, 180 Seiten, 19,80 €, ISBN 978-3-7557-5534-0. Als Erich v. Drygalski 1901 an Bord der „Gauss“ zur ersten deutschen Südpolarexpedition aufbrach, wusste er noch nicht, dass sein Schiff schon am Südpolarkreis für ein Jahr lang ortsfest einfrieren würde. Zur selben Zeit näherte sich R. F. Scott dem Südpol bis auf 82°S. Trotz der überaus reichhaltigen Datensammlungen wurde Drygalskis Expedition 1903 bei ihrer Rückkehr von Kaiser Wilhelm II. als erfolglos betrachtet. Nun werden die während der Expedition nach Deutschland geschickten Originalberichte von Drygalski und von der Zweigstation auf den Kerguelen erstmals zusammen veröffentlicht. Sie geben einen authentischen Einblick in das Geschehen während der Expedition, der noch nicht durch Enttäuschung bei der Rückkehr überdeckt ist. |
Eine Reaktion auf “Neue Publikationen zur Drygalski-Expedition 1901-1903”